Wenn Sie das Wort Schneeballsysteme hören, was fühlen Sie dabei? Als erstes sollte klar sein, dass es illegal ist. Wahrscheinlich hat jeder eine Vorstellung davon, was ein Schneeballsystem ist. Es lebt vom neuen Zulauf neuer Mitglieder, die Geld in ein System einzahlen. Bestehenden Mitgliedern sollen dann mit diesen Geldern Ausschüttungen zukommen.
Solche Programme gab es früher öfter. Sie können jedoch nicht unendlich wachsen. Spätere Einsteiger haben daher das Nachsehen, denn damit sie profitieren, müssen weitere neue Opfer gefunden werden. Deshalb sind Schneeballsysteme in Deutschland verboten.
Wenn man sich mit der Funktion so eines Systems befasst, tun sich interessante Parallelen zu einigen traditionellen und in Deutschland weit verbreiteten Produktklassen in der Finanzdienstleistung auf. Es existieren Angebote, die auf lange Sicht kaum funktionieren würden, wenn es keine Neukunden gäbe. Und sobald Bestandskunden die Produkte nicht anbieterkonform verwenden, versucht man sich von diesen Kunden zu verabschieden.
So geschah es, dass die Bausparkassen, die vor einigen Jahren noch Zinssätze auf Bausparverträgen von bis zu 4,5 % p.a. boten, sich für recht viele Menschen als sehr attraktiv erwiesen. In Zeiten von Niedrigzinsen oder sogar Nullzinsen, wie wir sie in den Jahren von 2012 bis 2022 hatten, waren Verzinsungen in dieser Größenordnung natürlich begehrt. Also entschieden sich viele Bausparer, kein Darlehen abzurufen und stattdessen den Vertrag als Sparanlage zu benutzen. So war das natürlich seitens der Anbieter nicht geplant.
Bei den Bausparkassen begann eine groß angelegte Kündigungswelle. Die Verträge mit Zinsversprechen von 4 Prozent und mehr wurden den Bausparkassen schlichtweg zu teuer. 2015 gingen die Bausparkassen daher geschlossen vor und kündigten diese unbequemen Verträge mit hoher Verzinsung. Es soll sich dabei um die 200.000 betroffene Verträge gehandelt haben. Verträge mit hoher Verzinsung, die bereits länger zuteilungsreif waren und das Bauspardarlehen nicht in Anspruch genommen wurde, waren Ziel der Aktion. Sie entsprachen offenbar nicht dem Bausparkassenprinzip. Kunden sollten nach der Ansparphase das Bauspardarlehen in Anspruch nehmen und nicht auf Guthabenzinsen aus sein. Sie sollten lieber Darlehenszinsen bezahlen.
Außerdem waren die meisten Verträge so ausgelegt, dass man bei der Verzinsung wählen konnte, ob man hohe Sparzinsen oder niedrige Darlehenszinsen haben wollte. Wer Darlehen abruft, will natürlich günstige Darlehenszinsen und würde dann in diese Variante switchen. In dem Fall würde aber der hohe Sparzins ebenfalls abgesenkt und der Vertrag rückwirkend niedriger verzinst.
Doch die theoretisch günstigen Darlehenszinsen waren zu dieser Zeit gar nicht so günstig, denn man bekam Darlehen von der Bank zu weit niedrigeren Zinsen. Das Prinzip Bausparen funktionierte also nicht mehr und das war ein großes Problem für die Bausparkassen.
Nur wenn Bausparverträge so benutzt würden, wie es angedacht war, könne sichergestellt werden, dass auf der Einnahmenseite ausreichend finanzielle Mittel zufließen, um das Bausparprinzip erfolgreich umzusetzen. Wichtiger war aber, dass stetig neue Bausparer dazukommen. Würde es keine Neukunden geben, hätten die Bausparkassen ein ernstes Problem.
Jeder Bausparvertrag berechnet dem Kunden neben der zu Beginn fälligen Abschlussgebühr auch laufende Kosten. Diese laufenden Kosten werden zur Kostendeckung für die Vertragsführung benötigt, während die Abschlussgebühr zur Bezahlung des Vertriebs dient. Weiteres Neugeschäft ist also eine Voraussetzung dafür, dass auch auf der Gebührenseite für die Bausparkasse alles im grünen Bereich bleibt.
Das Neugeschäft, auf die Beitragseinnahmen bezogen, war rückläufig. Der Verband der privaten Bausparkassen machte trotzdem positive Stimmung. Der Bestand sinke zwar, aber die Höhe der Bausparsummen sei angestiegen.
Die Höhe einer Bausparsumme steht aber nicht im direkten Zusammenhang mit den Beitragseinnahmen. Tatsächlich werden die Bausparsummen der Bausparverträge in der Beratungspraxis gern etwas großzügiger bemessen, da die Höhe der Abschlussgebühr mit größerer Bausparsumme ebenfalls größer ausfällt.
Bei Finanzinstituten werden die Berater in ihren Vorgaben daher seltener nach Stückzahl als vielmehr nach der Höhe der abgeschlossenen Bausparsumme bewertet. Höhere Bausparsumme zieht höhere Provision nach sich; das allein zählt. Darüber hinaus darf das Tagesgeschäft der Baufinanzierung nicht vergessen werden. Hier werden gern Bausparverträge als Bestandteil der Immobilienfinanzierung, als sogenannte Zinssicherheitskomponente dazu verkauft. Die Darlehensnehmer sind oft froh, wenn sie die Finanzierung bekommen und folgen daher den Empfehlungen des Ansprechpartners gern.
Lebensversicherungsgesellschaften sind ebenfalls vom Neugeschäft abhängig. Diese Verträge sind bei den meisten Anbietern mit recht hohen Kosten behaftet. Diese Kosten werden für die Vergütung des Vertriebs, die Vertragsführung und natürlich für den Unterhalt der Immobilien benötigt, in denen die Beschäftigten ihrer Arbeit nachgehen.
Als das Steuerprivileg für Auszahlungen aus Lebensversicherungen Anfang 2005 endete, brach das Neugeschäft ein. Die Branche bekam ein echtes Problem. In Rekordzeit wurde damals die Riester-Rente geschaffen und später dann auch die Basis-Rente, um der Branche einen Ausgleich zu ermöglichen.
Die hohe Geschwindigkeit, wie hier seitens der Politik gehandelt wurde, lässt auf die Dramatik des Problems schließen. Fällt das Neugeschäft weg, funktioniert das Geschäftsmodell Lebensversicherung nicht mehr. Die Anbieter kämen in große wirtschaftliche Probleme.
Kunden werden mit dem Argument der Sicherheit für Lebensversicherungen gewonnen. Die Zusatzvorsorge muss sicher sein! Und wenn man den Verband der Lebensversicherer (GDV) dazu interviewt, steht die Lebensversicherungsbranche so gut da wie nie. Selbst die Bankenkrise 2008 hätte die Versicherer nicht tangiert. Schließlich sei eine Bankenkrise keine Versicherungskrise gewesen.
Hier wird offenbar gute Miene zum bösen Spiel gemacht. Die Praxis zeigt etwas anderes. Die Lebensversicherer müssen die Gelder hauptsächlich in Anleihen investieren, meist Staatsanleihen.
Bei Staatsanleihen konnte man zwei Trends beobachten. Erstens sank das Zinsniveau bis in den Keller. Das sorgte dafür, dass die meisten Lebensversicherer nicht mehr in der Lage waren, die Verzinsung zu erwirtschaften, die sie ihren Kunden vertraglich zusicherten.
Zweitens sind Staatsanleihen seit der Rettung von Griechenland und Irland vor dem Bankrott und dem milliardenschweren QE-Anleihenankaufprogramm der EZB definitiv nicht mehr so sicher, wie es immer behauptet wird.
In den Jahren niedriger Zinsen konsolidierten die Staaten ihre Haushalte nicht, sondern erlagen dem Reiz billigen Geldes. Die Staatsschulden nahezu aller Euro-Staaten schossen in die Höhe. Die Nationen sind hoffnungslos überschuldet. Doch damit waren die Staaten nicht allein. Unternehmen und Privathaushalte nutzen ebenfalls die niedrigen Zinsen aus und verschuldeten sich enorm.
Nachdem die Zinsen im Sommer 2022 wieder stiegen und im Herbst 2023 die 4,5% Marke erreichten, rächte sich diese Verschwendung. Die Schuldzinsen steigen exponentiell. Jedes Jahr müssen neue Schulden aufgenommen werden, um die Schuldzinsen zu bezahlen.
Was passiert, wenn ein Land gezwungen wird, einen großen Anteil der Staatspapiere auszubezahlen? Mit so einer Situation war kein Land jemals konfrontiert, denn fällig gewordene Staatsanleihen wurden immer gleich in neue Staatsanleihen getauscht. Geld floss dabei nicht. Seit 2013 unterliegen sämtliche Staatsanleihen im Euro-Raum der Collective Action Clause (CAC), die es Staaten erlaubt, ihre Anleihen nicht mehr zurückzunehmen und das Geld trotzdem zu behalten. Praktisch, nicht wahr? Das bedeutet, dass weder Staatsanleihen noch Lebens- oder Rentenversicherungen noch sicher sind. Wer das Gegenteil behauptet, belügt seine Kunden.
Zum Glück gibt es ja die Protektor AG. Nach der Pleite der Mannheimer Lebensversicherung im Jahre 2003 wurde die Auffanggesellschaft für Lebensversicherer gegründet, die Protektor AG. Als die Mannheimer in die Pleite rutschte, fand sich niemand, der den Bestand er Mannheimer übernehmen wollte – was schon tief blicken lässt. Also übernahm die neu gegründete und weit weniger Kapitals als ursprünglich geplant ausgestattete Auffanggesellschaft den Bestand der Mannheimer. Die Kunden mussten Leistungseinbußen und geänderte Vertragsbedingungen hinnehmen. Selbst heute ist das Thema Mannheimer für die Kunden noch nicht positiv abgeschlossen.
Wie schon erwähnt, startete Protektor mit einer weitausgeringeren Kapitaldecke als ursprünglich geplant. Dank Lobbyismus in der Politik konnte das Thema Protektor für die Lebensversicherer ein wenig entschärft werden, so dann diese bei der Finanzierung der Auffanggesellschaft nicht so stark zur Kasse gebeten wurden.
Also stellt sich seither die Frage, was wohl geschieht, wenn die Auffanggesellschaft der Lebensversicherer an ihre Grenzen stößt. Was würde geschehen, wenn mehrere Anbieter notleidend werden und die Branche keine Reserven mehr hat.
Wenn eine Insolvenzmasse veräußert wird, sind Staatspapiere die größte Position. Könnten diese Papiere liquidiert werden? In so einem Fall würde die Regierung abhelfen müssen, so wie sie es mit den Banken getan hat. Seit der letzten Bankenkrise ist Bewegung bei den Versicherungsgesellschaften. Wertpositionen in den Bilanzen büßten arg ein.
Viele Versicherungsnehmer halten die lange Wartezeit bei ihren Lebensversicherungsverträgen nicht durch. Über 70 Prozent der abgeschlossenen Lebensversicherungen wurden vor Ablauf gekündigt oder stillgelegt. Die meisten Verträge werden innerhalb der ersten 7 Jahre gekündigt.
Hauptursache dafür sind die unbefriedigenden Wertmitteilungen, die die Anbieter jedes Jahr an ihre Kunden versenden. Extrem hohe Kosten gehen zu Lasten der Rendite. Die Mehrzahl der laufenden Verträge kommt in den ersten 15 Jahren nicht ins Plus. Welcher verantwortungsvolle Anleger schaut da lange zu?
Zwischenzeitlich haben die Gerichte zahlreiche Urteile darüber gesprochen, was bei Abschluss einer Lebensversicherung rechtens war und was nicht. Daher gibt es Juristen, die unzufriedenen Versicherungsnehmern dazu verhelfen, ihre Verluste durch Widerruf oder Rückabwicklung ihrer Lebens- und Rentenversicherung auszugleichen. Auch hier wächst ein Problem für die Lebensversicherer, da sich immer mehr Versicherungskunden dafür entscheiden, ihre Verluste nicht hinzunehmen und den Rechtsweg zu beschreiten.
Von einem Schneeball kann man hier sicher nicht sprechen, da beim Schneeball das zufließende Geld direkt für die Auszahlung der bestehenden Mitglieder benutzt wird. In der Finanzbranche wird ein Produkt bedient, welches Leistungen ermöglicht. Dennoch haben sowohl die Lebensversicherer als auch die Bausparkassen ein ernstes Problem, wenn das Neugeschäft zurückgeht oder ganz wegfällt.
Das kann bis zur Insolvenz gehen. Die Anbieter bedienen sich mit großer Kreativität aus den Geldtöpfen ihrer Kunden. Nur wenn stetig neue Kunden dazu kommen, kann das Geschäftsmodell weiter funktionieren.
Finanzprodukte sind abstrakt. Man muss allerhand Fantasie aufbringen, um zu verstehen, wie die Produkte funktionieren. Trotzdem werden tagtäglich riesige Umsätze in der Finanzbranche erzielt. Verlockend klingt das Argument: „Der Staat gibt etwas dazu“.
Hier sollte man sich ganz klar vor Augen führen, dass ein schwer zu durchschauendes und wenig rentables Produkt nicht dadurch zu einem guten Produkt wird, weil es dafür staatliche Prämien oder Steuervorteile gibt.
Im Jahr 2005 startete die Riester-Rente. Das waren meist Miniverträge mit Renten von bspw. 100 Euro. Die Frage lohnt sich zu stellen, wieviel waren 100 Euro in 2005 und wieviel sind 100 Euro heute? Wieviel werden 100 Euro sein, wenn man in Rente geht? Die 100 Euro werden voll versteuert, nicht wahr?
Produkte aus der Welt der Finanzdienstleistung sind selten die Antwort auf die Frage einer ausreichenden Vorsorge, denn allen Finanzdienstleistungsunternehmen liegt in erster Linie der eigene Gewinn am Herzen.
Wenn man das realisiert hat, ist man schon ein ganzes Stück weiter. Mal im Ernst, wieso vertraut man Menschen, die bei einem Unternehmen arbeiten, das mit unserem Geld Gewinnmaximierung betreiben will? Ist das nicht total absurd?
Nachhaltige Vorsorge ist nur möglich, wenn man sich auf Sachwerte konzentriert. Liquide Sachwerte wie Edelmetalle haben den Vorteil, dass sie Vermögen zuverlässig speichern. Damit ist es nicht nötig, der höchsten Rendite hinterherzulaufen und vielleicht Risiken einzugehen. Wer seine Vorsorge auf Edelmetalle aufbaut, hat später auch etwas von seinem Vermögen. Sprechen Sie uns an. Wir beraten Sie gern.
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